Übergewichtige Kinder
3,5 Millionen Jungen und Mädchen in Deutschland leiden an
Übergewicht. Absolut gesehen, hat sich die Zahl der Schulanfänger, die zu viel
wiegen, in den vergangenen 25 Jahren mehr als verdoppelt - und die der
pummeligen Zehnjährigen gar vervierfacht.
Niemand warnt vor Schokoriegeln. Dabei verringert
Übergewicht die Lebenserwartung etwa in gleichem Maße wie der Glimmstängel,
haben niederländische Forscher errechnet. Zu den häufigsten Begleit- und
Folgeerkrankungen zählen: Gicht,
Fettleber mit Entzündungsreaktionen der Leber,
Bluthochdruck und damit auch
Fettstoffwechselstörungen, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall, Gallensteine, Diabetes, orthopädische Schäden und
Schlaf-Apnoe, ein nächtlicher Atemstillstand aufgrund von Fetteinlagerungen in
Rachen und Schlund.
Wie entsteht Übergewicht?
Übergewicht ist die Folge einer gestörten Energiebilanz,
d.h. es wurde über eine Zeit mehr Nahrung aufgenommen, als das Kind verbrauchen
konnte. Dies führt unweigerlich zu einer Zunahme des Körperfettes und somit zu
einer Gefährdung der Gesundheit. Die Entstehung des Übergewichtes bei Kindern
ist häufig auf falsche Eßgewohnheiten in der Familie und dem engeren Umfeld
zurückzuführen. Die angeborene Hunger- und Sättigungsregulation wird mit
zunehmenden Alter des Kindes kontinuierlich beeinflußt. Das bedeutet, durch
Nachahmen der Eltern, durch neugierig machende Werbung, durch familiäre
Traditionen (z.B. Festessen) und durch viele Faktoren mehr, prägt sich das
Eßverhalten des Kindes.
Kinderarzt Martin Wabitsch von der Universitätsklinik Ulm
diagnostizierten bei 30 Prozent von 520 untersuchten adipösen Kindern und
Jugendlichen eine Fettleber. Bei gut einem Drittel fanden sie das
"Metabolische Syndrom" - eine Kombination aus Bluthochdruck,
Fettstoffwechselstörung und Insulinresistenz. Die Jungen und Mädchen hatten
Defekte an Knien, Hüftgelenken oder Füßen. Von Gallensteinen wurden bereits
zwei Prozent geplagt, und bei einem Prozent stellten die Ärzte Diabetes Typ 2
fest, im Volksmund bislang noch "Altersdiabetes" genannt.
"Wir sehen hier in unserem Adipositas-Rehazentrum
Jugendliche mit Krankheiten, wie sie sonst 60-Jährige haben". Mit dem Fett
kommt irgendwann die Angst. Das funktioniert." Nicht nur der schwer
beladene Körper nimmt Schaden. Die Seele leidet mit. Kinder jenseits der
100-Kilo-Grenze werden ausgegrenzt, belächelt, beschimpft. Oft müssen sie sich
jahrelang Lästereien von Gleichaltrigen anhören: Fettkloß, Walross,
Sumo-Ringer. Weil das nicht in der Haut hängen bleibt, sondern bis ins Mark
verletzt, wird wieder frustgefuttert. Ein Teufelskreis. Eine Studie des
Marburger Kinderpsychiaters Johannes Hebebrand ergab: 40 Prozent der
Jugendlichen mit Adipositas leiden unter Angststörungen, 43 Prozent an
Depressionen. Das Selbstmordrisiko sei deutlich erhöht.
In vielen Familien haben überfette Fertiggerichte die
gesunde Küche ersetzt. Die Mikrowelle kocht für Mami. Zwischendurch gibt's
nicht mehr Äpfel und Apfelsaftschorle, sondern "Kinderlebensmittel"
wie Joghurts und Quarkspeisen, die in Wirklichkeit fettige Süßigkeiten sind,
zuckerreiche Softdrinks und Snacks (siehe Interview "Mehr zum
Thema"). Der Anteil von Fast Food wie Pizza, Pommes, Cheeseburger und
Currywurst in der Nahrung wird mittlerweile auf 25 Prozent geschätzt. Und die
Portionen werden immer größer.
Kinder verbringen immer mehr Zeit vor dem Fernseher oder dem
Computer und bewegen sich zu wenig. So genannte Kinderlebensmittel enthalten oft
zu viel Fett und zu viel Zucker. Kinder, die sich richtig ernähren, haben
eindeutig Vorteile im Kindergarten und in der Schule. Sie haben größere
Leistungsreserven, müssen nicht mit den Belastungen durch Übergewicht kämpfen
und schaffen sich eine gute Grundlage für Gesundheit und Wohlergehen in
späteren Jahren.
Wer glaubt, dass die Jungen und Mädchen wenigstens im
Sportunterricht gefordert werden, irrt. Gerade mal sieben Minuten pro
Sportstunde rühren sie sich im Schnitt, so eine Untersuchung der FU Berlin. In
der Doppelstunde sind es zwölf Minuten. Der Erfurter Sportwissenschaftler
Jürgen Court hat in einer Langzeitstudie nachgewiesen, dass Zehnjährige bei
einem sechsminütigen Dauerlauf heute im Schnitt 150 Meter weniger schaffen als
noch vor 20 Jahren. Damals kamen die Schüler beim Weitsprung auch noch 20
Zentimeter weiter. Und der Sprung übers Pferd oder den Kasten? Den schafft nur
noch jeder Dritte, klagen Sportlehrer. Generation GZSZ? Generation schlapp!
Warum lassen es Eltern überhaupt so weit kommen? Häufig, weil sie das gewichtige Problem zu lange verharmlosen. Oder weil sie es nicht schaffen, dem Nachwuchs Grenzen zu setzen - auch beim Essen nicht. Weil sie zermürbt sind von den ständigen Streitereien mit ihren nimmersatten Sprösslingen. Weil sie selbst ständig zwischen Ananas-Diät und Fressattacke pendeln. Oder weil sie einfach tatsächlich nicht wissen, wie wichtig Sport ist, wie man sich gesund und ausgewogen ernährt und wo man Hilfe bekommt, wenn das Kind in die Breite wächst.
Abzunehmen ist für dicke Kinder ohne Hilfe von außen kaum zu
schaffen. In Deutschland werden deshalb laufend neue Therapieprogramme für
übergewichtige Kinder und Jugendliche angeboten. "Aber die Qualität ist
sehr unterschiedlich", sagt der Pädiater Wabitsch. "Bei der Auswahl
der Therapie sollte man darauf achten, dass sie auf drei Säulen steht:
Ernährungsumstellung, Bewegungstherapie und Verhaltenstraining. Die Eltern
müssen einbezogen und mitgeschult werden", sagt der Professor. Und die
Hilfe muss langfristig angelegt sein. Der gesamte Lebensstil muss sich ändern.
"Das braucht Monate oder gar Jahre.
" Nicht jeder Teenager muss Modelmaße haben wie Britney
Spears oder ein Hering sein wie Justin Timberlake. "Man darf nicht allen,
die ein bisschen pummelig sind, sagen, "Du musst jetzt schlank
werden". Sonst leiden sie womöglich irgendwann an Bulimie", warnt
Wabitsch. Ein bisschen Übergewicht könne durchaus akzeptabel sein.
Gesund-Essen MEHR BEWEGEN
Regelmäßige körperliche Bewegung trägt ebensoviel zum
Abnehmen bei wie vernünftiges Essen.
Außerdem für übergewichtige Kinder besonders wichtig – wir
helfen diesen Kinder, ihre Passivität und Lethargie zu überwinden und Streß
abzubauen
Beim Herumtoben und bei Bewegung haben diese Kinder nicht
das Bedürfnis sich mit Chips und Eiscreme „vollzustopfen“. Sport soll hier in
der Silberberg Klinik Bodenmais spielerisch sein und Spaß machen.
Durch unser Sportprogramm läßt sich das negative
Körpergefühl, von dem viele übergewichtige
Kinder geplagt werden, zum Positiven verändern. Damit wächst auch das Selbstbewußtsein. Übergewichtige werden leichter in die Klasse und Gruppe integriert.
Natürlich geht Abnehmen nicht von heute auf Morgen.
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